Interview mit Jawad Maakor

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Jawad Maakor (28) ist Videograf und Canon- Fotograf. Er arbeitet freiberuflich und für eine Content Creation-Agentur. Er arbeitet sowohl analog als auch digital. Er betrachtet dies als zwei Welten, in denen man jeweils eine andere Methode anwenden. Am liebsten arbeitet er aber analog. Dafür hat er einfach eine Schwäche.

Fragt man Jawad nach einigen Vorteilen der analogen Fotografie, erhält man eine ausführliche Erläuterung. Lesen Sie nachfolgend das Interview mit Jawad. Achtung: Es besteht die Möglichkeit, dass er Sie mit seiner analogen Fotografiesucht ansteckt.

„Ich kann stundenlang über analoge Fotografie sprechen!“


Warum mögen Sie analoge Fotografie?

Nostalgie und kein Schnickschnack

„Oh, darüber kann ich stundenlang reden! Es ist meine Leidenschaft. Analoge Fotografie ist natürlich ein bisschen Nostalgie, deshalb finden viele Leute sie so cool und ist sie so eine Hipster-Sache geworden. Sehen Sie doch, was das für ein Trend geworden ist! Die Hersteller entwickeln sogar neue Filmrollen. Warum finden wir alle Vinyl so cool? Das ist doch die Sehnsucht nach der Vergangenheit.

Es ist auch schön, es in dieser schnelllebigen Welt ruhig anzugehen. Man spielt eine Platte von A bis Z, man überspringt keine Songs und scrollt nicht durch eine Wiedergabeliste. Man wird nicht abgelenkt und nimmt die Arbeit in ihrer Gesamtheit an.

So ist das auch bei der analogen Fotografie. Die Leute brauchen das, ein bisschen Fokus. Ich persönlich arbeite gerne mit etwas, das für eine Sache gedacht ist. Ohne Gadgets oder eine Schnittstelle. Sehen Sie sich doch all diese neuen Kameras mit all den zusätzlichen Funktionen an. Wie viele davon nutzt man? Ich nutze viele überhaupt nicht. Das ist nur Schnickschnack, das braucht man nicht.“


Sich selbst einschränken

„Durch analoges Fotografieren schränkt man sich selbst ein. Man hat nur 36 Fotos pro Rolle. Und auf Mittelformat 5 bis 6 Fotos. Das fühlt sich anders an, als wenn man unbegrenzt Fotos machen kann. Mit einer durchschnittlichen Digitalkamera kann man 9 Fotos pro Sekunde aufnehmen. Analog ist das anders. Man konzentriert sich, bereitet sich anders vor und sorgt dafür, dass die Fotos gut überlegt sind. Es ist klar und befriedigend, das Ende einer solchen Filmrolle zu erreichen. Man beendet die eine Rolle und fährt mit der nächsten fort.“


Mehr gute Fotos

„Das Verhältnis von guten zu schlechten Aufnahmen ist bei der analogen Fotografie 80 % gut. Insbesondere bei einer digitalen Fotosession haben die Leute aufgrund der schnellen Serienbildmodi von Digitalkameras häufiger die Augen zu als bei einer analogen Session. Bei analoger Fotografie verbessert man das Timing seiner Fotos und knipst nicht so schnell drauf los. Wenn man es wirklich durchrechnet, liefert eine Filmrolle mehr als eine SD-Karte.“



Mehr Verbundenheit

„Während der Aufnahme habe ich sogar Zeit, um Kontakt mit dem Modell aufzunehmen, da ich mich weniger mit der Kamera befasse. Dadurch entsteht mehr Engagement, ein Auge für die Umgebung und Interaktion. Dadurch fühlt man sich mehr verbunden.“


Sie haben selbst viel Stress. Ist analoges Fotografieren für Sie auch eine Möglichkeit zu entschleunigen?

„In dieser schnelllebigen Welt denkt heutzutage jeder post- und Social Media-orientiert. Online-Plattformen fordern Hunderte von Fotos an, um ihren Content-Kalender aufzufüllen. Es macht mich traurig zu sehen, wie sich das Fotografieren verändert.

Ich nehme mir gerne Zeit für meine Fotografie. Um sie wirklich als Handwerk zu sehen. Ich möchte mit Aufmerksamkeit an etwas arbeiten. Etwas Originelles machen. Das ist nicht mehr selbstverständlich. Wenn mal mal durch Instagram blättert, sieht man, wie viele Fotos einander ähneln.

Es ist magisch, in die Dunkelkammer einzutauchen und langsam die Bilder auftauchen zu sehen. Das ist spannend. Als analoger Fotograf beschäftigt man sich wenig mit Bildmanipulation und Bildbearbeitung. Ich mag das, weil ich eine Leidenschaft für das Fotografieren habe, nicht für das Bearbeiten von Bildern.


Manchmal übergebe ich analoge Arbeiten an einen Offline-Kunden (z. B. ein Magazin). Zum Beispiel wollen sie nur 5 Bilder. Ich mag diese Einschränkung. Schließlich stehen dann Fotos in der Zeitschrift, die einzigartig sind. Man bekommt dieses Stück Authentizität durch die verschiedenen Filme, mit denen man arbeiten kann. Man erhält dann eine charakteristische Farbpalette und eine gewisse Atmosphäre.

Das Format, mit dem man fotografiert, spielt dabei auch eine Rolle. Vielleicht ist die Auflage dieses Magazins nicht so hoch, aber die darin enthaltene Arbeit ist viel zeitloser.“


Sie haben gerade gesagt, dass Sie Fotograf und kein Bildbearbeiter sind. Können Sie das erklären?

„Natürlich kann man mit Nachbearbeitung viel machen, und das ist großartig, aber ich persönlich finde es schade, dass sich die Leute heutzutage ständig damit beschäftigen. Während der Aufnahme schauen die Fotografen immer auf ihr Display. Sie denken: Wie korrigiere ich später noch die Farben und den Himmel? Oh ja, da werde ich dann nachher in Photoshop weitermachen. Sie denken also hauptsächlich darüber nach, was sie danach tun werden. Das mache ich auch, aber ich versuche es zu vermeiden.

Ich möchte mich mehr mit dem Moment selbst befassen. Mit gut Hinschauen, mit der Komposition, mit dem Aufbau einer Szene und dem Erzählen einer Geschichte.“

„Es ist magisch, in die Dunkelkammer einzutauchen und langsam die Bilder auftauchen zu sehen“


Das klingt so, als ob der Filmemacher in Ihnen während Ihrer Fotoshootings sehr präsent ist.

„Das stimmt! Film und Fotografie gehören für mich zusammen. Ich weiß, dass viele Menschen dies anders sehen, aber ich sehe die Ähnlichkeit beim Denken in Szenen. Sie können mit der Fotografie eine Szene vor Augen haben und vorbereiten. Aus einem Film können Sie durch Decoupage (Schneiden und Teilen von Szenen) wieder authentische Fotobilder schaffen.

Ich arbeite gerade an einem Projekt, in dem ich Standbilder und Polaroidfotos kombiniere. Mein Vorbild Chris Marker drehte den Film La Jetée nur mit Standbildern und Ton. Ich finde solche Dinge sehr interessant. Ich füge ein Foto ein, als würde ich einen Film machen, mit einem Frame und viel Augenmerk auf der Komposition.“


Was möchten Sie mit Ihren Bildern vermitteln?

„Ich denke auch gerne darüber nach, was man mit Filmen und Fotos erreichen kann. Ich konzentriere mich auf kommerzielle, investigative und künstlerische Arbeit. Ich mache kommerzielle Jobs, um von dieser Arbeit leben zu können. In diesem kommerziellen Bereich suche ich nach Kreativität und versuche, mich von anderen abzuheben.

Ich befasse mich auch gerne mit der journalistischen, berichtenden Seite. Ich habe zum Beispiel eine Fotoserie von verschiedenen Menschen in Marokko gemacht. Ich mag Berichte im Stil einer Dokumentation, in denen man zeigt, wie es irgendwo wirklich ist. Ich habe diese Fotos in Marokko bewusst aus einiger Entfernung gemacht, damit man auch die Umgebung gut sehen kann.


Mit analogen Fotos lässt sich diese farbenfrohe Natur perfekt einfangen. Ich arbeite derzeit an einem Projekt über die Auswirkungen von Bildern auf die öffentliche Meinung. Wer erinnert sich nicht an das bewegende Bild des angeschwemmten Jungen? Ich erfasse solche Situationen und mache sie diskussionsfähig.

Außerdem konzentriere ich mich auf die künstlerische Seite des Bildermachens: Es gibt auch Raum für mehrere Ebenen und eine gewisse Rätselhaftigkeit. Man kann einen Betrachter in Unwissenheit lassen. Das bringt ihn zum Nachdenken. Ich finde es auch toll, mich in meiner freien Arbeit auf das Licht zu konzentrieren. Wie funktioniert es und wie kommt es bei einem Menschen zur Geltung? Wie lässt sich Gegenlicht einsetzen, um einen besonderen Effekt zu erzielen? Ich kann endlos damit spielen und immer wieder Neues lernen.“


Woher kommt Ihr Interesse am Film?

„Als Kind war ich übergewichtig. Ich war nicht sehr beliebt und hatte nur wenige Freunde. Nach der Schule habe ich stundenlang Filme geschaut. Dank der Liebe meines Vaters zum Satellitenfernsehen haben wir zu Hause Filme aus aller Welt empfangen. Dadurch habe ich mir die unterschiedlichsten Filme angesehen, auch russische und afrikanische. Manchmal habe ich überhaupt nichts verstanden und hatte keine Ahnung, was ich mir anschaute, weil es keine Untertitel gab.

Ich lernte, gut hinzusehen und erkannte die Stile und Tricks immer besser. Dann suchte ich nach Informationen darüber. So habe ich mir durch meine eigene Motivation und Vertiefung viel Wissen angeeignet. Ich habe davon geträumt, Filmemacher zu werden.“


Nach einer Weile haben Sie angefangen, Fotos auf dem Filmset zu machen. Wie kam es dazu?

„Ich habe auf einem Flohmarkt für einen Zehner eine analoge Kamera gekauft. Ich habe gelernt, damit zu arbeiten, indem ich viel ausprobiert und gelesen habe. Ab einem bestimmten Punkt weiß man, wie man ein schlechtes Foto vermeidet, wie man einen Film entwickelt und dass man eine Kamera auswählen musfs, deren Belichtungsmesser funktioniert.

Ich wusste, dass Hollywood-Filme oft mit einer 35-mm- oder 70-mm-Kamera aufgenommen werden (schauen Sie sich nur die Filme von Paul Thomas Anderson und Tarantino an) und wollte diesen cinematischen Effekt des Films nachahmen. Deshalb habe ich angefangen, analoge Fotos am Set zu machen. Ich fand den analogen Effekt toll.“


„Seitdem liebe ich die analoge Fotografie. Ich fing an (und tue dies weiterhin), mit verschiedenen Kameras, Objektiven und Effekten wie Farbfiltern und Infrarot zu experimentieren. Ich will mich immer noch nicht auf eine Kamera oder einen Effekt festlegen. Das Schöne an der analogen Fotografie ist meiner Meinung nach ja gerade, dass man damit alles machen kann. Die Farben sind sehr natürlich. Sie sind weicher, schöner, schöner für das menschliche Auge als bei digitalen Aufnahmen. Ich werde einfach glücklich, wenn ich mir das ansehe. Wenn es möglich wäre, würde ich am liebsten den ganzen Tag bis ans Ende meines Lebens damit verbringen. Es wird nie langweilig, es gibt mir so viel Energie.“

„Ich möchte mich bis ans Ende meines Lebens mit analoger Fotografie beschäftigen.“


Wie überträgt man diese Energie auf Modelle?

„Leute, die mich kennen, wissen, wie intensiv ich manchmal während eines Shootings sein kann. Ich bin nicht hier, um Freunde zu finden: Ich möchte das beste Ergebnis erzielen. Während eines Shootings kann ich nervig sein und alles muss gut sein.

Meine Menschenkenntnis und mein Einfühlungsvermögen retten mich, haha. Auf diese Weise reiße ich Menschen mit. Ich finde es wichtig, dass sie an das Projekt glauben. Wenn sie nicht daran glauben, können sie von mir aus gleich nach Hause gehen. Deshalb mache ich vorher immer Moodboards, in die ich alle einbeziehe. Ich erkläre meine Entscheidungen und bin offen für andere Meinungen. Ich finde es wichtig, offen für andere Perspektiven zu sein. Ich scheue keine Diskussionen.

Ich kann mich aber auch anpassen, wenn das Team jung ist, finde ich es wichtig, eine schöne, entspannte Dynamik zu schaffen. Wenn die Zielgruppe etwas älter ist, bin ich doch etwas ernster. Manchmal habe ich während einer Session einen “Eureka!”-Moment. Dann passt alles zusammen und ich genieße es hinter meinem Objektiv. Es gibt auch Shootings, bei denen ich wenig sage, weil sie komplizierter sind und ich immer versuche, Lösungen zu finden. Dann bin ich manchmal unsicher, vor allem, wenn viel davon abhängt. Ich hatte kürzlich ein Shooting mit 15 Babys, da hat man mich nicht gehört und ich war damit beschäftigt, den gesamten Plan so straff wie möglich ablaufen zu lassen.“


Was sind Ihre Ambitionen?

„Ich möchte weiterhin viele analoge Fotos und verschiedene Filme machen und mich auf kreativer Ebene weiterhin herausfordern. Ich möchte eine Arbeit machen, von der ich wirklich lerne und auf die ich stolz sein kann. Dabei möchte ich mich weiterhin auf ein breites Themenspektrum konzentrieren, vorzugsweise auf bestimmte Bereiche, in denen ich mich vertiefen kann. Ich sehe mich als ein Jongleur, der hin und her springt, aber dies voller Überzeugung.

Ich arbeite jetzt an einem künstlerischen Projekt für Canon. Das ist sehr inspirierend. Achten Sie auf das Internationale Filmfestival in Rotterdam, dort hat mein Film Firas am 24. Januar Premiere. Wenn ich wieder Zeit habe, möchte ich mehr Schwarzweißfotos machen. Der Verlauf, das Subtile und Mysteriöse der Grautöne gefällt mir. Es gibt noch viel zu entdecken!“


Praktische Tipps für die analoge Fotografie:

  • „Viel schauen und viel machen“
  • „Lernen Sie, mit Belichtungsmessern zu arbeiten. Überprüfen Sie immer, ob der Belichtungsmesser Ihrer analogen Kamera funktioniert“
  • „Wenn Sie mit der analogen Fotografie beginnen, dann schießen Sie zuerst bei Tageslicht“
  • „Lesen Sie nicht zu viele theoretische Bücher und schauen Sie sich nicht zu viele Vergleichsvideos von Kameras an“
  • „Wählen Sie einen Film, der zu Ihnen passt. Fuji gibt die Farben anders wieder als ein Kodak-Film. Wenn Sie schwarz-weiß fotografieren, bietet Ilfords viele Möglichkeiten“
  • „Denken Sie voraus! Einige Filme sind lichtempfindlicher, diese Werte werden in ASA (ISO) angegeben. Ein 100-ASA-Film ist also weniger lichtempfindlich als ein 800-ASA-Film. Man kann die Filmrollen bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen nicht einfach wechseln“


„Ich sehe mich als Jongleur, der überzeugt von seiner Arbeit ist“


Ausrüstung

Jawad fotografiert analog und digital. Für seine analoge Fotografie verwendet er am liebsten seine Canon AV-1-Kamera und seinen Sekonic Studio Deluxe III-Belichtungsmesser in Kombination mit Kodak-Filmen. Die Kodak Ektar 100Kodak Portra 400800 und Kodak Portra 160c / 120 Spule sind dafür seine Favoriten. Für seine digitale Fotografie verwendet er das Canon EOS 5D Mark IV-Gehäuse in Kombination mit dem EF 70-200 mm f/2.8EF 85mm f/1.8 und dem EF 50 mm f/1.2 Objektiv.


Canon AV-1 Analogkamera
  • Analoge 35-mm-Kamera mit FD-Objektivanschluss
  • Bietet im Gegensatz zum Vorgänger (der AE-1) Blendenvorwahl

Gebrauchte analogartikel

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Beispielfotos

Sind Sie von Jawad inspiriert und möchten mehr Arbeiten sehen? Sehen Sie sich hier seine Website an oder blättern Sie durch eine Auswahl seiner Arbeiten. 


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